Im heutigen Review geht es um das neueste Werk der Spaß-Metaller aus Italien, Nanowar Of Steel – eine Band, mit der ich bislang nicht allzu viele Berührungspunkte hatte. Aus dem inzwischen schon recht umfangreichen Katalog der Band, denn immerhin haben wir hier das 7. Studioalbum der 20-jährigen Bandgeschichte vorliegen, war mir bisher hauptsächlich „Der Fluch des Käpt’n Iglo“ bekannt, daneben vielleicht noch „Uranus“ und „Number Of The B*tch“ (ja, eine Parodie auf den Maiden-Klassiker) – immerhin alles Songs, die ich ganz unterhaltsam finde.
Parodie wird bei der Band überhaupt ganz groß geschrieben – vollständige Cover sind eher selten, aber Zitate aus bekannten Songs oder ähnlichem oder persiflieren von Klischees bestimmter Musikstile stehen an der Tagesordnung – das fällt auch beim aktuellen Album deutlich auf, wie wir uns gleich noch etwas genauer anschauen werden. Da ich wie erwähnt nicht die komplette Diskographie der Band durchgehört habe, weiß ich nicht genau, wie stark ausgeprägt dieser Wesenszug in früheren Veröffentlichungen ist.

Radakteuer: Henning Bergmann
Info und Contentseite(n): Nanowar of Steel (HP)
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Fangen wir aber erstmal ganz vorne an: Der erste Track „Sober“ startet direkt mit einer Akkordeon-Melodie, die mich stark an Alestorm’s „Drink“ erinnert – eigentlich ja ganz passend als kleiner Augenzwinkerer. Der Song kommt als sehr energetischer Folkmetal daher und ist als Albumopener auf jeden Fall eine gute Wahl. Ein schönes Detail war für mich, dass das Gitarrensolo einfach ein Monkey Island Zitat ist, was den Song für mich als Riesen-Fan der Reihe auf jeden Fall deutlich aufwertet.
„Winterstorm In The Night“ featured Madeleine Liljestam von der schwedischen Band Eleine, das Synthi-Vibraphon zu Beginn läutet direkt die Winterstimmung ein. Ansonsten ist es ein ziemlich straighter Powermetal Track.
Beim nächsten Track „Disco Metal“ kommt definitiv die Frage auf, ob man wirklich alles parodieren muss – Autotune Vocals und typische Eurodance-Synths mit Utz-Utz Drums – es ist eigentlich alles da, um furchtbare Discomusik zu parodieren, aber leider ist das Ergebnis dadurch ein ebenso furchtbarer Song. Leider überwiegt das „Oh mein Gott nein“ das Bedürfnis, Schmunzeln oder Lachen zu müssen hier bei Weitem.
Nachdem man den Schreck abgeschüttelt hat, wird man bei „Muscle Memories“ direkt in den Post-Grunge der frühen 2000er a lá Nickelback, 3 Doors Down o.Ä. katapultiert. Das Erstaunlichste, eigentlich bei fast allen Genrewechseln, die die Band auf dem Album durchlebt, ist dabei, wie auf den Punkt es der Band gelingt, die Ästhetik verschiedener Stilistiken abzuliefern. Inwiefern das aber zum Vorteil ist, wenn einige musikalische Erscheinungen doch lieber in der Versenkung der Geschichte verschwunden wären, sei dem jeweiligen Zuhörer überlassen. Mir gibt der Track auf jeden Fall trotz des lustigen Textes über Leute, die ins Fitnessstudio gehen, nicht wirklich viel.
Ganz anders sieht es aber mit dem nächsten Track, „Chupacabra Cadabra aus“ – Nach dem „Painkiller“ Drumintro folgt ein etwas verrocktes Bläserthema einer typisch mexikansichen Mariachi-Band, passend dazu wird ein komischer Mix aus Englisch und Spanisch gesungen, ein Ay Ay Ay Mitgröhlteil gehört natürlich auch dazu. Nach gut viereinhalb Minuten geht der Song dann in einen Spaghetti-Western Pfeifteil a lá Ennio Morricone über, der sich langsam in einen Powermetalteil entwickelt. Weitere drei Minuten später folgt der Abschluss mit einem an Harry Belafonte erinnernden Calypso-Part, der diesmal in einem Englisch mit leichten Russisch-Vibes gesungen wird. Es ist irgendwie schwer zu beschreiben, aber „Chupacabra Cadabra“ ist 9:30 jede Menge Spaß.
In „Pasadena 1994“ haben wir das 2. Feature des Albums, Joakim Broden von Sabaton, der hier die Finalniederlage Italiens in Pasadena bei der Fußball-WM 1994 in den USA in typisch epischer Sabaton-Manier besingt, wie es die Schweden wohl selber nicht besser hingekriegt hätten.
„Metal Boomer Battalion“ ist ein typischer Powermetalsong, der irgendwie im Rest des Albums untergeht, weil er weder ins Positive, noch ins Negative besonders ausschlägt. Fans des Genres könnten hier aber sicherlich ihre Freude dran haben und auch der Text über die typischen Boomer in den Kommentarspalten der sozialen Medien ist eigentlich ganz lustig.
Der „Dimmu Boogie“ ist, wie der Name schon vermuten lässt, ein schmissiger upbeat Boogie Song, der allerdings nichts mit Namensvetter Dimmu Borgir gemeinsam hat. Auch hier kann die Band das bluesige wie aus dem FF bedienen, dennoch bleibt der Song
ein bisschen zu flach für meinen Geschmack.

„Protocols (Of The Elders Of Zion) Of Love“ parodiert einen typischen Boyband-Track ähnlich wie die Backstreet Boys. Ohne den eingeklammerten Text hätte ich den Titel auch ganz passend und lustig gefunden, der Text über die NWO Weltverschwörung und die Musik holt mich hier aber ansonsten nicht wirklich ab – ganz so schlimm wie „Disco Metal“ ist es aber nicht 😉
Den Abschluss des Albums macht dann „The Power Of Immodium“ – und natürlich geht es hier im Text darum, sich mittels des besungenen Wundermittels vom flinken Difar, Montezumas Rache, Flitzekacke oder auch einfach Dünnschiss zu befreien. Größtenteils kommt der Song dabei im Powermetalgewand daher, es gibt aber auch einen kurzen Ska-Einschub mit „Go West“-Zitat und einen quasi a Capella Teil mit Anspielungen auf Bohemian Rhapsody. Auf jeden Fall ein relativ episches Ende für ein Album.
Fazit: Nanowar Of Steel zeigen mit „Dislike To False Metal“, dass sie mühelos von Genre zu Genre springen können, und offensichtlich ist keine Stilistik vor Ihnen sicher. Über allem schwebt aber definitiv der Powermetal-Ursprung, aus dem die Band die meisten Sachen aus betrachtet, sodass für Fans des Genres das Album wohl am ehesten etwas ist. Auch für Leute, die sich hauptsächlich an den teils sehr gelungenen, lustigen Texten orientieren, hat das Album definitiv etwas zu bieten.
Bei mir persönlich trifft beides kaum zu, zumal es bei mir eher so ist, dass gute Texte einen schon guten Song zwar aufwerten können, aber wenn mich der Song musikalisch nicht richtig abholt, auch der beste Text wenig daran retten kann. Insgesamt ist das meiste zwar absolut großartig eingespielt und produziert, aber außer bei „Chupacabra Cadabra“ ist es sehr unwahrscheinlich, dass irgendein weiterer Song des Albums es mal in eine Playlist schaffen wird.
Wertung: 5,5/10
Anspieltipps: Chupacabra Cadabra, Sober
Titelliste
1 Sober
2 Winterstorm In The Night
3 Disco Metal
4 Muscle Memories
5 Chupacabra Cadabra
6 Pasadena 1994
7 Metal Boomer Battalion
8 Dimmu Boogie
9 Protocols (Of The Elders Of Zion) Of Love
10 The Power Of Immodium