Heute schauen wir uns mal kein aktuelles Album an, sondern eines, was bereits fast 20 Jahre auf dem Buckel hat – der Anlass? Nach 12-jähriger Pause und Reunion-Konzert gibt es das Erstlingswerk der unglaublichen Derricks jetzt auch endlich auf allen Streamingplattformen!

Radakteuer: Henning Bergmann
Info und Contentseite(n): The Incredible Derrick (Facebook)
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Gegründet um die Jahrtausendwende (zumindest ließ sich herausfinden, dass der erste Gig im Jahr 2000 stattfand) in Herdecke, machte sich die 10.köpfige Band recht schnell einen Namen in der Ruhrpott-Skaszene und darüber hinaus und brachte schließlich 2005 bei Moonstomp Records ihr bis dato einziges Studioalbum „Under Suspicion“ heraus. Bis 2010 konnte die Band dann noch live miterlebt werden, ehe es mehr als 10 Jahre still wurde. Erst im September 2022 kam es im Bahnhof Langendreer in Bochum zur Reunion, man darf gespannt sein, was da in Zukunft noch auf uns zukommen mag.
Schauen wir uns aber mal das nun endlich digitalisierte Werk an. Nach kurzem Regentropfen-Intro bekommt man bei „Jack’s Return“ direkt ein schönes Bläserthema um die Ohren gehauen, aus dem es direkt in gut mitskankbaren 3rd Wave Ska geht – generell kommt der Sound der Derricks ganz in Tradition vieler 3rd Wave Bands seit Ende der 80er daher, seien es die Krumbacher SKAOS, die Ruhrpottler von Alpha Boy School oder Genregrößen wie die Toasters.
Den Anschluss macht beim „Derrick Theme“ eine schöne Schweineorgel , begleitet vom treibenden Beat von Bass und Schlagzeug, ehe sich auch noch ein Baritonsaxophon zur Rhythmussektion gesellt – und spätestens da hätte mich die Band so oder so gehabt, denn Schweineorgel UND Baritonsax haben einfach nur einen so unverwechselbaren und geilen Sound, von dem ich nie genug bekommen kann. Zudem mag dem aufmerksamen Leser auch schon in den Sinn gekommen sein, dass es sich hier um ein Cover des Titelthemas der Krimiserie mit Horst Tappert handelt. Und genau so ist es auch, die Band macht hier eine epische Hommage an ihren Namensvetter.
Auf „Lost Weekend“, ein weiterer Upbeat, tanzbarer Skasong, wird dann auch erstmal Sängerin Meron gefeatured. Beim Gesang von Sänger und Gitarrist Felix finde ich auf dem ganzen Album, irgendwie aber besonders bei diesem Track und dem späteren „A song called Lolli-Lol“ die typisch deutsche Art, englisch zu singen, irgendwie charmant.
„This World“ ist dann der erste etwas ruhigere Track, der mit einem sehr schönen Posaunenfeature daher kommt, gefolgt von „Monkey Dance“, dem Instrumentalsong des Albums, denn kein Ska-Album, das etwas auf sich hält, kommt doch ohne einen Instrumentaltrack aus – hier können dann auch die Bläser und die Schweineorgel bei ihren Solos glänzen. Passend zum Titel endet der Song mit Affengekreische und Gorilla-ge“ugge“, was mich direkt an „King Kong“ von No Sports erinnerte – überhaupt sind im Ska die Affenrefferenzen erstaunlich zahlreich, denkt man doch an „Monkey Man“ von Toots & The Maytals oder den „Monkey Ska“von Derrick Harriott.
Mit „A Song Called Lolli-Lol“ folgt für mich einer der Highlights des Albums, immerhin ist mir dieser Song, besonders das Hauptthema, auch wenn es so schlicht ist, knapp 20 Jahre im Kopf geblieben, sodass ich mir den Reunion-Gig der Band ansehen fahren musste. Ein lustiger Text mit catchy Hooks, was will man mehr?
Dass die Derricks Hooks können, wird auch beim nächsten, wieder sehr flotten Song „Alone“ klar, der jeden Skafan schon mit den ersten Bläserakkorden abholen dürfte. Baritonsax-Feature gibt Bonuspunkte 😉
Den obligatorischen Instrumentalsong hatten wir schon, aber kein Ska-Album wäre komplett ohne den „wir rufen irgendeine random Phrase über einen sonst recht monoton gehaltenen Song mit einem guten Bläserthema“-Song – das ist hier: „Get Some More“! Andere bekannte Beispiele dieses fast schon Ska-Klischees wären z.B. „241“ von Reel Big Fish oder „Skafinger“ von The Toasters. Natürlich darf dabei auch ein gelegentliches „Pickitup!“ oder „Schiggedigghepp!“ nicht fehlen – und so merkwürdig es klingt, es funktioniert!
Mit „I Will, Will You?“ gibt es nochmal einen schönen upbeat Skasong, ehe das Album uns mit „Carribean Nights“ mit einem richtigen Kracher aus dem Album schickt: Das Bläseintro packt einen sofort, das Hauptthema ist melancholisch schön, die Schweineorgel kommt zum Einsatz und Sängerin Meron hat bei dem Song ihr Hauptfeature auf dem Album. Meines Erachtens ein perfekter Abschluss!
Fazit: „Under Suspicion“ ist ein wirklich fantastisches 3rd Wave-Ska-Album und ein „moderner Klassiker“ des Ruhrpott-Ska, steht für mich z.B. der „Big Fight“ von Alpha Boy School in nichts nach und jeder, der ein bisschen was für Ska übrig hat und die CD nie sein eigenen nennen konnte, sollte die Gelegenheit nutzen, zu den Songs abzuskanken!
Es bleibt zu hoffen, dass die vermehrte Live-Aktivität der Band (Tipp: Ska im Westend in Dortmund am 18.05.23) sich über kurz oder lang in einem zweiten Album niederschlägt, auch wenn dieses große Fußstapfen zu füllen hätte.
Wertung: 8/10
Anspieltipps: A Song Called Lolli-Lol, Carribean Nights
Titelliste
1 Jack’s Return
2 Derrick Theme
3 Lost Weekend
4 This World
5 Monkey Dance
6 A Song Called Lolli-Lol
7 Alone
8 Get Some More
9 I Will, Will You?
10 Carribean Nights